Öffentlicher Nahverkehr
Meine ganz persönliche Meinung dazu ist relativ radikal. In Europa ist der öffentliche Transport von Personen und Dingen ein allgemeines Interesse und sollte deshalb für jeden Einwohner gänzlich frei von irgendwelchen Kosten sein. OH! welch ein Aufschrei geht nun durch die Lande, die Kosten, die Kosten…
Wenn natürlich jede Sekunde Arbeit schon ungeheuere Kosten verursacht, kann man diese geniale Idee schon abhaken. Der soziale Kapitalismus frißt eben seine Kinder und ihre Errungenschaften, nicht nur die grandiose Idee, daß man einfach aus dem Haus geht und ohne nachzudenken in den nächsten Zug sitzt, um von Travemünde nach Hameln zur Freundin zu fahren. Nein, auch andere technische und kulturelle Errungenschaften der Menschheit sind total versaut und auf unbestimmte Zeit unbenutzbar geworden. Film und Fernsehen zum Beispiel. 30, 40 oder 100 Programme voll mit Scheiße und Reklame, die Menschen des Landes Abend für Abend zum Narren haltend. Aber zurück zum Öffentlichen Nahverkehr.
In Eriwan zahlt man zur Zeit 100 Dram für den Transport in einem Kleinbus. Das entspricht etwa 20 Eurocent. Nach 24 Uhr nachts 200 Dram. Für den tschechischen Skoda Elektrobus nur 50 Dram. Der Skoda mag mindestens 30 Jahre alt sein, Scheiben kaputt, die pneumatischen Türen haben 5 cm Spaltbreite und bleiben im Sommer der Einfachheit halber einfach offen. Stoßstangen verbeult, Beleuchtung defekt. Alle 10 Minuten muß der Fahrer stoppen, um den Schwenkarm des Stromabgreifers mit Hilfe einer langen Schnur wieder richtig an die Oberleitung zu positionieren. Aber der Bus macht nicht schlapp, richtig Qualität. Er wird auch noch weitere 20 Jahre fahren, hoffe ich, falls Armenien nicht zwangsver-europäisiert wird. Kleinbusse fahren hunderte herum. In Minuten oder Sekundenabständen kommen sie an die Haltestellen. In Deutschland für 9 Personen zugelassen, befinden sich in Armenien zeitweise bis zu 24 Menschen in so einem Bus. Auf Winken hält er an, wenn jemand zusteigen will, auf Zuruf hält er an, wenn jemand aussteigen will.(das wollen sie neuerdings unterbinden). Flexibler und billiger gehts nicht. Was hier dem Naturell der Armenier entspricht (die Idee kommt von den Russen) hat auch Nachteile, die ebenso vom Naturell der Armenier kommen, sprich, die Idiotie der Menschen. Es gibt also Bushaltestellen, tatsächlich, denn es hat noch niemand bemerkt. Die Menschen warten nämlich niemals an einer Bushaltestelle, sondern immer 20 Meter vorher, der Richtung des Busses entgegen. Der Bus wird also bei der Menschenansammlung halten, nicht an der Haltestelle. Da die Menschen aber immer 20 Meter vorher stehen wollen, der Richtung des Busses entgegen, verlagert sich der Halteplatz immer weiter zurück. Dies hat an der nächsten größeren Straßenkreuzung ein Ende, aber immerhin haben es die Leute immer wieder fertiggebracht, den Bus schon in der Kreuzung anzuhalten, 60 Meter vor der Bushaltestelle. Er blockiert dann den Kreuzungsverkehr, aber das ist in Armenien egal. Es ist auch nicht ein Bus, nein, ein zweiter, dritter, vierter gleichzeitig. Ebenso verhält es sich mit den Taxis. (jaja:Taxen, scheiß auf die Heimatsprache) Die Schmeißfliegen unter den Autofahrern (nicht die Funktaxis!). Dort wo Leute auf den Bus warten, drängeln sie sich mit ihren Autos in die wartende Menge am Straßenrand um …….JA um zu PARKEN. Zuerst in der Bushaltestelle. Verlagert sich die Bushaltestelle wegen der zuvor beschriebenen Idiotie der Leute um 20 Meter zurück, so verlegt auch der Taxifahrer sein Fahrzeug an den neuen Standort, indem er die Leute dort beiseite schiebt. Es könnte ja schließlich sein, daß jemand mit seinem Taxi fahren möchte! (Kosten: etwa 100 Dram/ 20 Cent pro KM in der Stadt.)
Ganz anders in Deutschland. Ein Taxi ist ein Luxus für Millionäre, Betrunkene und Personen, denen man den Führerschein abgeknöpft hat. Welch Unkultur der anderen Art. Ebenso verhält es sich mit Tramway, Omnibussen und Metro. Tausend undurchschaubare Tarife, Fahrkartenautomatenungeheuer, Fahrkartenkontrollen, und Kostenkostenkosten.
Ich habe die Metro in Eriwan vergessen: Alt aber fein, auch tschechische Produktion, Fahrkosten 50 Dram = 10 Eurocent. Das ist sozial, das haben wir in Europa alles vergessen. Billig gibts bei uns nicht. Nur Kostenkostenkosten.
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